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Aktuelles

Mittels QR-Codes den Lagerfriedhof Frauenkirchen erfassen

  • Erstellt von LGF Wolfgang Wildberger

Eine bemerkenswerte Initiative setzte der Historiker und Lehrbeauftragte der Pädagogischen Hochschule Burgenland Dr. Herbert Brettl am Kriegsgefangenen-Friedhof westlich von Frauenkirchen. Nach Rücksprache mit LGF Oberst Wolfgang Wildberger konnte er die Stadtgemeinde Frauenkirchen, namentlich Bürgermeister Hannes Schmid davon überzeugen, am Friedhof drei Metallsäulen jeweils bei einem der Gedenkzeichen zu installieren. Auf diesen können nunmehr mittels QR-Codes deren Geschichte, weiters einige Biografien sowie Briefe von Lagerinsassen abgelesen werden. Daneben besteht aber auch die Möglichkeit für Lehrpersonal von Schulen, mittels QR-Codes passende Fragen zum Friedhof und deren einstigen Insassen von ihren Schülern bearbeiten und beantworten zu lassen. Damit kann Geschichte auf moderne Art und Weise vermittelt werden!

Von Dr. Brettl wurden Kurzbiografien des serbischen Dichters Sima Pandurović, des serbischen Soldaten Aksentije Đedović, des russischen Soldaten Mathias bzw. Mordechai Reich, der nach dem Krieg im Burgenland verblieb, sowie des italienischen Soldaten Giuseppe Canuti als typische Beispiele ausgesucht.

Als Beispiel die Biografie von Giuseppe Canuti: "Guiseppe Canuti wurde 1883 in der Provinz Mantua in der Lombardei geboren. Nach seiner Verehelichung betrieb er mit seiner Gattin Palmira im Dorf Casalmoro eine kleine Landwirtschaft. Im Juli 1915, seine beiden Kinder waren drei bzw. sechs Jahre alt, wurde Guiseppe zum Militärdienst einberufen. Er kämpfte mit seiner Einheit an der Isonzofront gegen die österreichisch-ungarischen Truppen. Am 1. November 1917 geriet er in der Nähe von Udine in Gefangenschaft. Seine Gattin Palmira erhielt kurze Zeit später die Nachricht, dass Guiseppe vermisst sei. Die nächsten Jahre wartete Palmira vergeblich auf weitere Nachrichten über oder von Guiseppe, zog allein die Kinder auf und starb 1967. Sein Urenkel nahm 2017 die Nachforschungen bezüglich Guiseppe Canuti auf. Er stellte fest, dass Guiseppe nach seiner Gefangennahme in das Kriegsgefangenenlager Frauenkirchen gebracht worden war, in dem er mit 32 Jahren am 26. April 1918 an „Erschöpfung“ gestorben war. Zudem musste er erkennen, dass die italienischen Behörden es damals verabsäumt hatten, die Todesmeldung an seine Urgroßmutter Palmira weiterzuleiten."

Die Auswahl der Briefe, die ins Deutsche übersetzt wurden, spiegeln die unterschiedlichen Auffassungen zum Leben im Lager wider. Es findet sich aber auch ein Brief einer Frau eines serbischen Soldaten vom Juli 1915, in dem sie unter anderem schreibt: „Veljko! Du hast deinem Vater geschrieben, aber er wird dir nicht antworten, da du ein Feigling bist, und er will mit dir nicht sprechen. Er hofft, dass alles Elend der Welt auf dich fallen wird! Er verflucht sogar unsere Kinder. Es sagt, dass er nicht die Nachkommen eines Feiglings und Angsthasen braucht, der den äußersten Schmerz und eine solche Schande über ihn gebracht hat. Ich denke, das gleiche Veljko! Jede Frau ist stolz, auf ihren mutigen Mann, aber du hast Schande über mich und unser Haus gebracht, so dass jeder mit Verachtung auf uns schaut. Ich habe dir Geld geschickt, damit du Gift kaufen kannst, so dass dein Dorf dich nie wieder sehen muss. So grüße ich, Stanojka, dich.“

Wenn man mittels Handy beispielsweise den QR-Code „Didaktik-Gedenkzeichen“ einscannt, kommt man zu mehreren Fragen, unter anderem zu folgender:

„Für Oberstufe
3. Das Österreichische Schwarze Kreuz kümmert sich unter anderem um die Erhaltung und die Pflege von zahllosen Soldatengräbern. Diskutiert in Kleingruppen, ob man Lagerfriedhöfe, wie hier in Frauenkirchen, weiterhin pflegen soll oder ob diese Organisation aus eurer Sicht bereits überholt ist oder sie als „Friedensmahner“ noch eine Zukunft hat.“

Insgesamt jedenfalls eine bemerkenswerte und beispielhafte Initiative!

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QR-Code-Säule „Briefe“ beim Serbendenkmal
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QR-Code- Säule „Gedenkzeichen“
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Historische Aufnahme: Lagereingang Frauenkirchen
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Giuseppe Canuti (s. Biografie)
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Dr. Herbert Brettl (rechts) mit LGF Wildberger